Netzwerk Borreliose, FSME und
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  Zeckenspezies

Zecken sind weltweit verbreitete blutsaugende Parasiten. Sie gehören zu den Spinnentieren (Arachnida), genauer gesagt zu den Milben (Acari). Wie die Spinnen auch, besitzen Zecken im Nymphen und im geschlechtsreifen Erwachsenenstadium acht Beine, während die Larven nur 6 Beine aufzeigen. Über 850 Zeckenarten sind heute bekannt, die sich in Schild- und Lederzecken verteilen. 
   

 

 

 

(Schematische Darstellung der Ansicht der Unterseite einer Schildzecke. AN=Anus=After; AP=Afterplatte;B=Basis des Vorderendes=Capitulum; CX=Coxa=Hüftglied des Beins; G=Genitalplatte;FE=Femur=Oberschenkel; HF=Haftpapille am Fuß; HO=Haller´sches Organ; HY=Hypostom; KL=Klaue; MP=Madianplatte; MT=Metatarsus; Patella= „Kniescheibe“; PO=Porenplatte; PP=Pedipalpen=Taster; ST=Stigma=Atemöffnung; T=Tarsus=Fuß; TI=Tibia= „Scheinenbein“; TR=Trochanter=Schenkelring)

 

Schild- und Lederzecken finden sich in allen terrestrischen Biotopen, weil sie auch heute noch extrem flexibel und anpassungsfähig sind. So treten sie praktisch von den Tropen bis über den nördlichen Polarkreis hinaus auf in Gebieten, die entweder extrem kalt sind und so nur kurze Vermehrungszeiten ermöglichen oder extrem heiß, extrem feucht oder sogar extrem trocken sind.

   

 

 

 

Schematische Darstellung des Lebenszyklus von Ixodes-ricinus und einer der zahlreichen Wirte (A.B.C); 1a=(gesogenes Weibchen; 1b= gesogenes Männchen; 2= Ei; 3= Larve; 4= Nymphe.

 

Zecken gehören zur wissenschaftlichen Gruppe der Acari (Milben). Sie sind weltweit
auftretende Vertreter des Tierstamms Arthropoda (Gliederfüßler), die sich ausschließlich parasitisch vom Blut vieler Wirte unter Einschluss des Menschen ernähren. Sie sind unmittelbare Verwandte der Insekten. Im Gegensatz zu den Insekten (Mücken, Fliegen, Wespen etc.), wo der Körper in die drei deutlich erkennbaren Abschnitte Kopf, Brust und Leib gegliedert ist, erscheint der Körper der Zecken ungegliedert, ein Kopf ist überhaupt nicht erkennbar. Somit sind Zecken und Insekten leicht zu unterscheiden. Die Zecken, bei denen alle drei Entwicklungsstadien (Larve, Nymphe, Adultus) obligat Blut saugen, wandern meist nicht selbständig in menschliche Behausungen ein, sondern werden von den Menschen oder seinen Haustieren dort eingeschleppt.

Zeckenarten

Die Zecken teilen sich in Lederzecken und Schildzecken auf:  

Lederzecken (ca. 50 Arten)

  • Ornithodorus - Arten (sog. Tampan-Zecken) finden sich in Afrika und übertragen zahlreiche Viren wie auch Bakterien, z. B. ist O. moubata einer der Hauptvektoren des Erregers (Borrelia duttoni) des Zeckenrückfallfiebers, das sich faktisch auf allen Kontinenten außer der Antarktis findet.
  • Argas reflexus (Taubenzecke) und A. arboreus übertragen Viren (Q-Fieber) in weiten Gebieten Afrikas und im Nahen und Mittleren Osten.

Schildzecken (ca. 800 Arten)

  • Ixodes ricinus - Holzbock
  • Dermacentor reticulatus - Auenwaldzecke
  • Rhipicephalus sanguineus - braune Hundezecke
  • Hyalomma marginatum - Braunzecke
  • und noch viele mehr


Beim Menschen und seinem Begleiter Hund kommen in Deutschland besonders häufig ixodes ricinus und neuerdings Dermacentor reticulatus vor. Daneben finden sich auch selten noch andere Ixodes-Arten von Tieren (z.B. I. hexagonus vom Igel, I. canisuga vom Fuchs, I.Trianguliceps von Mäusen bzw. die osteuropäische Form I. persulcatus), andere Dermacentor-Arten (D. marginatus vom Schaf oder Haemaphysalis-Arten, z.B. Haemaphysalis concinna bzw. H. punctata von Kleinsäugern, Reptilien bzw. Wiederkäuern). Sie alle sind vielwirtg mit Blick auf die Wirtswahl und gelangen daher zufällig auch auf den Menschen.

 

  Wirtsfindung

Die Stadien vieler Schildzecken lauern meist auf niedrigen Pflanzen meist maximal 1m. Dabei recken sie ihr erstes Beinpaar vor und machen damit suchende Bewegungen. Auf dem Fußbereich der Vorderfüße besitzen sie je eine Sinnesgrube (das sogenannte Haller´sche Organ), in der
Sensillen stehen, die Berührungen, Gerüche, Erschütterungen und Luftzug wahrnehmen
können, die von sich nahenden potenziellen Wirten ausgelöst werden. Von den „Aus-dünstungen“ des Wirts nehmen die Zecken vor allem wahr: CO2, Ammonium, Iso-Butter-säure, Phenole, Benzaldehyd etc. Kommen die Wirte in die Reichweite solcher lauernder Zecken, dann haken sich diese mit Hilfe der beiden Klauen an ihren Beinen dort im Fell, Haaren auf der Haut bzw. an den Hosen etc. fest und wandern danach zu den verdeckten Stellen des Hautbereichs, um dort Blut zu saugen. Für die Ixodes-Arten, die augenlos sind, ist dies die einzige Möglichkeit der Wirtsfindung. Zeckenarten, die wie Dermacentor reticulatus oder R. sanguineus aber besitzen Augen (wenn auch keine besonders leistungsfähigen). Sie nutzen diese, um in Richtung von potenziellen Wirten zu laufen, wenn sich diese irgendwo in der Nähe lagern oder sich langsam bewegen. Aber auch die mit Augen versehenen Zecken entscheiden letztlich mit Hilfe ihres Haller´schen Organs, ob die vom Wirt ausgehenden Gerüche zum „Mahle laden“ oder eben nicht, z.B. falls sich ein Mensch mit einem Repellent (für Zecken unangenehmer, bzw. die Haut abdeckender Geruch) eingesprüht hat. Aber auch augenlose Zecken sind in der Lage, hell und dunkel zu unterscheiden, denn sie suchen aus Sicherheitsgründen (Schutz vor Feinden), stets sehr schnell versteckte Bereiche (Hautbereich im Fell, Innenseiten der Hosen etc.) auf. Diese Lichtwahrnehmung erfolgt mit Photosensillen in der stabilen Außenhaut = Cuticula, wie man mit einfachen Abdeckversuchen leicht feststellen kann.

 
   

Was man über Zecken wissen sollte

♦ Zecken lauern meist nur auf niedrigen Pflanzen und steigen nur selten bis in 1 m Höhe.

♦ Zecken steigen auf jegliche Kleidung, verstecken sich aber schnell unter die Kleidung und suchen außer auf die Haut, das Fell auch geeignete Stellen zum Blutsaugen.

♦ Zecken steigen auf die Hosen über und klettern im Gürtelbereich oder auch höher unter die Kleidung.

♦ Zecken werden schon bei Außentemperatur bei 7-9° aktiv.

♦ Der Mensch ist bei Zecken genauso beliebt wie über 100 (andere) Tierarten.

♦ Die ersten beiden Zeckenstadien – Larven und Nymphen – sind ungesogen sehr klein, Larven erreichen z.B. nur 0,2 mm. Zudem sind Zecken extrem lichtscheu und verstecken sich gerne an Stellen, die der Mensch schlecht einsieht. So beginnen sie oft in der Leistengegend, unter den Armen, am Haaransatz etc. zu saugen.

♦ Zecken injizieren beim Saugakt mit dem Speichel, auch betäubende Substanzen, die neben ihrer Aktivität, das Blut an der Saugstelle flüssig halten, so dass die Stichstelle absolut schmerzfrei bleibt und dem Betroffenen nicht auffällt.

♦ Zecken werden nicht nur durch den Geruch angelockt, sondern auch durch Luftzug und Erschütterungen des Bodens. Kommen Sie in die Nähe eines Tieres oder Menschen, haken sie sich im Fell oder an der Kleidung fest und suchen eine geeignete Stichstelle. Sie akzeptieren ein breites Spektrum von Wirten, das von Eidechsen über Vögel, Nagetiere, Hunde, Katzen, Igel, Rinder, Rehe, Pferde etc. bis zum Menschen reicht.

♦ Zecken können ein breites Spektrum von Erregern übertragen. Diese Erreger führen aller-dings oft nur zu verdeckten, schleichenden Erkrankungen. Daher bleiben sie vielfach un-erkannt und werden gefährlich.

♦ Zecken sitzen überall auch auf Gräsern, insbesondere dort, wo Mäuse, Igel etc. verkehren.

♦ In jedem Garten werden nachts oder auch am Tag Zecken von Igeln, Mäusen, Füchsen, Vögeln etc. eingeschleppt. Fallen diese Stadien von den jeweiligen Transportwirten nach dem Saugakt ab, häuten sie sich auf dem Boden des Gartens und lauern nach etwa 4-6 Wochen auf einen neuen Wirt – also evtl. auch auf den Gartenbesitzer.

♦ Zecken gibt es in ganz Deutschland, ganz Europa wie auch weltweit in geeigneten Gebieten – sogar in Sibirien, wo die Sommer extrem kurz sind. Das Gerücht, dass es Zecken nur in Süd-deutschland gibt, hat seinen Ursprung in falsch verstandener Werbung, die auf Infektions-gefahren mit dem Erreger der Frühsommermeningoencephalitis (FSME) hinweist, die vorerst tatsächlich im wesentlichen auf Süddeutschland beschränkt ist (aber auch östlich vom Harz auftritt; sich aber auch schon in Rheinland-Pfalz, Saarland und in Teilen von Hessen findet). Zecken treten daher in allen Gebieten Deutschlands von 0 bis 1500 m über dem Meer auf (im Sommer vielleicht sogar noch höher als 1500 m, weil dann das Rotwild oder anderes Wild als Zeckenträger noch höher hinauf-steigt).

♦ Das spezielle Symptom der Borreliose (Rosacea migrans bzw. Erythema =roter Fleck) fehlt in 40-50% aller Infektionen. Dies bedeutet, dass sich viele Patienten bei einem Zeckenstich ohne achfolgende Rötung der Stichstelle in falscher Sicherheit wiegen.

♦ Bei jedem Stich können Erreger übertragen werden. Diese sind heute viel häufiger vor-handen als früher. Auch sind bei der Borreliose erneute Infektionen nach bereits durchlaufenen Erkrankungen möglich.

♦ Das Immunsystem des Menschen (und z.B. des Hundes) reagiert langsam bei Borrelien-befall. Eine einigermaßen sichere Antikörperantwort kann erst nach 4-6 Wochen erwartet werden. Dann muss aber eine Antibiotika-Behandlung mindestens 1 Monat erfolgen und ggf. im Abstand von 4 Wochen wiederholt werden.

♦ Einmal eingetretene Schäden durch Borreliose können schwerwiegend sein. Je eher nach einer Infektion behandelt wird, desto besser die Chancen auf Heilung oder wenigstens Linderung.

♦ FSME ist eine Viruserkrankung, die nach Ausbruch chemotherapeutisch nicht mehr behandelt werden kann. Zwei gut verträgliche vorbeugende Impfstoffe sind in Deutschland verfügbar.

♦ Nach neuesten Untersuchungen weiß man, dass weitere Erreger der Gattungen
Anaplasma=Ehrlichia, Coxiella, Rickettsia, Babesia etc. in z.T. sehr hohen Prozentzahlen in Deutschlands Zecken auftreten. Die Symptome beim Menschen bleiben aber häufig un-bemerkt, weil die Diagnoseverfahren unbefriedigend sind und zudem nicht angewendet werden, zumal die Krankheitssymptome sehr unspezifisch sind.

♦ Hunde und andere Haustiere können ebenso an verschiedenen von Zecken übertragenen Erregern  erkranken, „klagen“ aber natürlich nicht über die Symptome, die daher unbemerkt bleiben und zum Teil dann auf das Alter des Hundes „geschoben“ werden.

♦ Zecken entfernt man nicht mit Nagellackentferner, Alkohol oder Klebstoff, da diese derartigen Maßnahmen die Zecken dazu veranlassen, die potenziell in ihnen enthaltenen Erreger in die Wunde zu erbrechen. Am besten erfasst man die Zecken mit einer möglichst spitzen und langen Pinzette am Vorderende, das als Saugrohr in der Haut steckt und zieht sie heraus. Jegliches Quetschen des Körpers ist zu vermeiden!

♦ Um einem Zeckenbefall mit Repellenten-Sprays vorzubeugen, gilt folgendes zu beachten:
Wichtig ist, dass die Bereiche, in denen die Zecken auf den Menschen aufsteigen, also Schuhe, Socken, Hosen, Kniestrümpfe etc. vorn und hinten intensiv mit dem für Zecken unangenehmen Geruch, eingesprüht werden, denn sonst kommt es an unbesprühten Stellen zum Aufsteigen der Zecken, die sich dann oben am Körper festsaugen.

♦ Zecken bestehen wie andere Zellen auch aus Eiweißen, die bei spätestens 60°C zerstört werden. Also: 40°C-Wäschen reichen meist nicht!

♦ Im Blut vorhandene Antikörper gegen Borrelien schützen nicht vor Reinfektionen, die sogar noch weit stärkere Krankheitssymptome auslösen können.

♦ Der Impfschutz gegen FSME sollte spätestens, je nach Impfstoff, nach 3 - 5 Jahren aufgefrischt werden.

 

(Quelle: Birgit & Heinz Mehlhorn - "Zecken auf dem Vormarsch")