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Ehrlichiose (Anaplasmose) – der schlummernde Riese

Definition:

Ehrlichiose (Ehrlichia phagocytophila) erhielt 1945 ihren Namen zu Ehren von Paul Ehrlich, der 1908 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurde und als Begründer der Chemotherapie gilt. Er entwickelte mit dem Salvarsan das erste chemische Mittel gegen die damalige sog. "Lust-",  „Kavaliersseuche“ Syphilis. Das deutsche Bundesinstitut für die Zulassung von Medikamenten trägt heute seinen Namen. Der Artname „phagocythophila“ bzw. „phagocytophylum“ leitet sich her von den griechischen Begriffen: phagein = fressen, kytos = Zelle, philein = lieben.

Der neue Gattungsname Anaplasma leitet sich ebenfalls aus dem Griechischen ab:

An = ohne, plasma = das Geformte.

Krankheitssypmtome:

In etwa 60% aller Fälle bleibt eine Anaplasmose beim Menschen unbemerkt, da sich keine gravierenden Symptome zeigen. In den anderen Fällen dagegen treten nach einer sog. Inkubationszeit – einer Phase ohne Symptome – im Mittel von 2-7 Tagen Grippesymptome wie Husten, hohes Fieber, Schüttelfrost, Bauch-, Kopf- und Gliederschmerzen, körperliche Schwäche auf, zu denen sich als Komplikationen Funktionsstörungen der Leber, der Niere, Störungen bei der Bildung von roten und weißen Blutkörperchen im Knochenmark sowie Sekundärinfektionen mit Pilzen (Candida) bzw. Bakterien (Lungenentzündungen) durch Störungen des Immunsystems gesellen können. In solchen Fällen ist die Letalität = Anzahl von Todesfällen (in Abhängigkeit vom Alter und von der Immunlage) mit 7-10% relativ hoch. Daher verdient dieser offenbar „schlummernde Riese“ Anaplasmose starke Beachtung, zumal ständige Reinfektioen erfolgen können. Auch sind chronische Verläufe mit wiederkehrenden Fiebern nachgewiesen.

Erreger:

Der Erreger der Europäischen Ehrlichiose heißt seit wenigen Jahren Anaplasma phagocytophilum, weil man feststellte, dass der Erreger der amerikanischen Form der sog. monzytären Ehrlichiose und der Erreger des japanischen bzw. malayischen Sennetsu-Fiebers sich genetisch deutlich von den hiesigen Erregern unterscheiden. Bei Anaplasma phagocytophilum handelt es sich um ein vielgestaltiges Bakterium, das sich stets intrazellulär in Abwehrzellen des Menschen vermehrt, wobe es die sog. Granulocyen bevorzugt. Daher handelt es sich um einen Typ von Zellen mit Einschlüssen, die wie Körnchen erscheinen, sich häufig in Entzündungen um eingedrungene Erreger konzentrieren und diese vernichten.

Auftreten:

Anaplasma phagocytophilum findet sich häufig in Europa von Norwegen bis zur Küste des Mittelmeers. Dies geht daraus hervor, dass bei Untersuchungen der Überträgerzecken, z.B. in Baden-Württemberg immerhin 1% in Holland und Dänemark bis zu 20% Träger des Erregers waren und bei Menschen in Dänemark, Schweiz, Skandinavien und Bulgarien durch serologische Untersuchungen Antikörper bei etwa 20% der Untersuchten nachgewiesen wurden. Dort fanden sich auch relativ viele klinisch kranke Personen. In Deutschland, wo bei Reihenuntersuchungen auf Antikörper bei Waldarbeitern Befallsraten von 5-16% nachgewiesen wurden, ist die Anzahl nachgewiesener Krankheitsfälle aber relativ gering. Allerdings dürfte es in Anbetracht der hohen Antikörperraten, der nicht vorhandenen Meldepflicht und der oft unspezifischen Symptome eine hohe Dunkelziffer von Erkrankungen geben.

Überträger:

Als Vektoren = Verbreiter der Anaplasmose dienen in Europa die als Holzbock bezeichnete Zecke Ixodes ricinus sowie die Mäusezecke. In Nordamerika sind es für die dortigen Ehrlichia-Arten die Zecken Ixodes damini = I. Scapularis und I. Pacificus. Reservoirwirte, an denen sich die Ixodes-Zecken (alle Stadien) immer wieder infizieren können, sind Nager, Rotwild, Rinder, Pferde, Hunde und Katzen, die alle auch erkranken können. Insbesondere bei Pferden sind in Deutschland zahlreiche schwere Fälle der Erkrankung beschrieben. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist offenbar nicht möglich, dies muss immer durch den Saugakt einer Zecke erfolgen.

Übertragungsmodus:

Die Übertragung erfolgt ausschließlich beim Saugakt der Zecken.

Meldepflicht: Nein

Diagnoseverfahren:

Der Nachweis von Anaplasmose-Erregern erfolgt durch den direkten mikroskopischen Nachweis in gefärbten Dauerpräparaten oder durch den Nachweis von Antikörpern im Blut. Der direkte Nachweis durch molekularbiologische PCR-Methode oder durch Anzucht der Erreger in Kulturen ist sehr zeit- und kostenaufwendig. Labortests zeigen Thrombopenie, Leukoponie und die Erhöhung der Transaminasen.

Therapie:

Das Mittel der Wahl bei Erwachsenen ist Doxycyclin (2x100mg/Tag), wobei die Therapie bis mindestens 3 Tage nach Abklingen des Fiebers fortgesetzt werden muss.

Achtung: Spricht die Therapie nicht binnen 1-2 Tagen an, muss an eine andere (oder eine zusätzliche) Erkrankung mit gleicher Symptomatik gedacht werden. Bei Schwangeren wird Rifampicin empfohlen, bei Kindern – in Ermangelung von spezifische Produkten auch Doxyclicin.

Vorbeugung:

Die sicherste Prophylaxe ist die Verwendung von sicheren Anti-Zeckenrepellents (für Zecken unangenehme Gerüche), die vor dem Befall mit Zecken, und somit vor deren Stich und damit vor der potenziellen Erregerübertragung schützen (z.B. Viticks Cool Plus; www.alphabiocare.de). Impfmöglichkeiten gibt es keine.

 

(Quelle: Birgit & Heinz Mehlhorn - "Zecken auf dem Vormarsch")