Netzwerk Borreliose, FSME und
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FSME – die Gefahr aus dem Süden und Osten

Definition:

FSME = Frühsommermeningoencephalitis

Der Name stellt eine Kombination dar aus dem Zeitpunkt des früheren Hauptauftretens der Erkrankung – heute ist sie in den Endemiegebieten fast ganzjährig vertreten – und den wesentlichen Krankheitssymptomen.

(griechisch: meningo = Hirnhaut, encephalon = Gehirn, itis = Entzündung, Erkranung)

Krankheitssymptome:

Nach einer symptomlosen Inkubationszeit von 2-28 Tagen kommt es zur ersten Erkrankungsphase (für 1-8 Tage) mit erhöhten Temperaturen (oft 38°C), aber weitgehend unspezifischen Symptomen (Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen, Halsentzündungen, Überlkeit, Appetitlosigkeit, Konjunktivitis). Diese Symptome werden dann oft mit einer „Sommergrippe“ verwechselt. Danach folgt ein symptom- und fieberfreies Intervall von 1-20 Tagen, bevor die 2. Erkrankungsphase eintritt. Diese Phase, die durch das Eindringen der Erreger ins Gehirn ausgelöst wird, ist häufig durch schwerste Krankheitssymptome, wie Lichtempfindlichkeit, Sehunschärfe, Nackensteife, Übelkeit, Erbrechen, Fieber über 40°C, Lähmungen, Herzrhythmusstörungen, lebensbedrohliche Zustände, gekennzeichnet. Krankenhausaufenthalte von 3-40 Wochen sind wegen der meningitischen, meningoencephalistischen bzw. meningo-cephalomyelitischen Symptomatik häufig notwendig. Geschwächte und ältere Personen sind dann häufig vom Tode bedroht. Glücklicherweise kommt es nur bei 10% der infizierten Personen zur 2. Krankheitsphase. Bei 50-77% dieser Grippe ist der Verlauf der Erkrankung auch typisch zweiphasisch, beim Rest (=23-50%) wird die 1. Phase nicht bemerkt, und die Erkrankung beginnt scheinbar gleich mit der 2. Phase.

Die 2. Phase zeigt sich bei den betroffenen Personen in drei Krankheitsbildern:

  • 50% der Patienten weisen eine Meningitis auf, d.h. es ist eine Entzündung der Hirnhäute erfolgt
  •  40% erleiden eine Meningoencephalitis, d.h. eine kombinierte Hirn- und Hirnhautentzündung tritt ein
  • 10% zeigen Symptome einer Myelitis, d.h. einer Nervenentzündung
  • Viele Personen weisen zusätzlich eine schmerzhafte Entzündung der Nervenendigungen (Radiculitis) auf.

Je nach Verlaufsform und Intensität der Symptome sind bei 30% der Patienten Dauerschäden (Lähmungen, Hörschäden etc.) möglich. So können 3% der Patienten die 2. Phase lebenslang an den Rollstuhl gefesselt bleiben und sogar 1-2% der schwerst Erkrankten nach unterschiedlich langer Leidenszeit versterben. Selbst bei Personen, bei denen keinerlei Folgeschäden bleiben, sind Krankenhausaufenthalte von 2-3 Monate keine Seltenheit, was eine besondere Gefährdung durch schwer bekämpfbare Erreger (sog. noskomiale Keime) bedeutet.

Erreger:

FSME-Virus (englisch: TBEV = tick borne encephalitis-virus).

Hierbei handelt es sich um ein Mitglied der sogenannten Flaviviren, zu denen auch noch derartig gefährliche Viren gehören, wie die Erreger des Gelbfiebers, der japanischen Encephaltis, des Dengue-Fiebers oder der Hepatitis C. Die Flavivieren – so auch das FSME-Virus – haben eine kugelige Grundstruktur mit Durchmessern von etwa 45- 60 nm. Eine Lipid (= Fett)-hülle schließt einen Strang von Ribonukleinsäure (RNA) ein, der eine Größe von etwa 10,5 Kb aufweist und für die Ausbildung weiterer Hüllkomponenten (Proteine, Glykoprotein E, etc.) verantwortlich ist. Das FSME Virus tritt in zwei Subtypen auf, die auch von zwei verschiedenen Vektoren in Asien bzw. in Zentraleuropa übertragen werden und zu unterschiedlich starken Krankheitssymptomen führen. Das jeweilige Virus selbst hat sog. hämagglutinierende Eigenschaften, die die Anheftung an Zellen ermöglichen und letztlich dann auch die intrazelluläre Vermehrung einleiten.

Auftreten:

In Deutschland findet sich das Hauptverbreitungsgebiet vorwiegend in Süd- und Ostdeutschland, allerdings treten auch bereits fokale Herde in West-, Mittel- und Norddeutschland auf. Neben Zentraleuropa sind auch noch viele Gebiete in Südost-, Nord- und Osteuropa FSME-Gebiete. Auch in zahlreichen Gebieten in Asien (Sibirien, China und Japan) weist das Virus zum Teil beträchtlic große Verbreitungsgebiete auf. Allerdings handelt es sich dort um die östliche (russische ) Variante (RFSME), deren Verbreitungsgebiet von Ostdeutschland bis nach Sibirien reicht. Dies bedeutet, dass beim heute sich ständig steigernden Ost-West-Reiseverkehr die Verbreitung und Durchmischung der FSMEV-Varianten relativ schnell erfolgen wird. Reservoire für das FSMEV sind Mäuse, Maulwürfe und auch eine Reihe von relativ großen Säugetieren, in denen sich das Virus zwar vermehrt, nicht aber zu deutlich sichtbaren Erkrankungen führt. An diesen Wirten infizieren sich die Zeckenlarven und geben dann die Virenlast beim nächsten Saugakt (als Nymphe) evtl. an den Menschen weiter. Die Anzahl gemeldeter Erkrankungen ist in Deutschland zwar relativ niedrig – so waren es 2006 etwa 460 Fälle, wobei Kinder im Alter vo 5-14 Jahren und Erwachsene im Alter von 30-69 Jahren (letztere machen 68% aller Erkrankten aus) besonders häufig betroffen sind. Auch wenn das insgesamt scheinbar nur wenige Fälle beim Menschen sind, die zu Krankheitssypmtomen führen, sind die Schwere der Symptome (die Letalität ist hoch) und die oft lebenslang verbleibenden Nachwirkungen so bedeutend, dass diese FSME zu einer meldepflichtigen Erkrankung erhoben wurde. Dies geschah zudem vor dem Hintergrund, dass es keine kurative Medikationsmöglichkeit mehr gibt, sobld die FSME einma ausgebrochen ist. Die verfügbare Impfung wirkt lediglich vorbeugend und eben nicht heilend. Auch muss man davon ausgehen, dass viele Infektionen mit geringgradigen Infektionen unerkannt bleiben.

Überträger:

Als Vektoren der Erreger der FSME dienen Zecken der Gattung Ixodes. Von besonderer Bedeutung sind dabei Ixodes ricinus (Holzbock) in Zentraleuropa und die östliche Zeckenart Ixodes persulcatus (Taiga-Zecke). Von höchster Wichtigkeit ist, dass die Weibchen beider Arten in der Lage sind, die einmal oral beim Saugen aufgenommenen Viren auf ihre Eier und damit auf die nächste Zeckengeneration zu übertragen und somit eine extreme Verbreitungsmöglichkeit eröffnen, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Weibchen beider Arten oft 3.000-5.000 Eier produzieren. Derartig infizierte Larven saugen mit Vorzug an Nagern und infizieren diese. Danach können sich bis dahin noch nicht infizierte Larven oder Nymphen der Zecken an diese Reservoirwirten infizieren, so dass die Virenlasten in lokalen Zeckenpopulationen sehr hoch sein können. Galten noch vor 8-10 Jahren in deutschen Endemiegebieten Infektionsraten bei Zecken von etwa 0,1% (= jede 1.000ste  Zecke trägt das Virus) als normal, so hat sich das bis zum Jahre 2009 deutlich geändert. Heute sind in viele Gebieten bis zu 5% der Ixodes-Zecken Virusträger. Somit besteht bei jedem 20. Zeckenstich in Endemiegebieten Infektionsgefahr. Dass dieses Risiko relativ hoch ist, belegt die Tatsache, dass nur jede tausendste Mücke in bedeutenden Malariagebieten (z.B. Ost-Afrika) Träger des Malaria-Erregers ist und dennoch eine sehr hohe Infektionsrate bei der Bevölkerung vorliegt. Zecken können die FSME-Viren sofort nach dem Festsaugen am Wirt übertragen, so dass auch ein relativ schnelles Entfernen der Zecken (etwa nach einem Spaziergang von 2-3 Stunden) das Infektionsrisiko nicht mindert.

Übertragungsmodus:

Die Übertragung erfolgt durch den Zeckenstich. Eine Übertragung ist auch durch Trinken von Rohmilch möglich. Da auch größere Säugetiere Träger der FSME-Viren sein können, ist deren Milch häufig kontaminiert, d.h. sie enthält infektiöse Viren. So ist es nicht verwunderlich, dass vom Balkan, z.B. Rumänien, aber auch aus den baltischen Ländern eine FSMEV-Übertragung durch rohe Milch von Ziegen, Schafen und/oder Kühen berichtet wurde. Prinzipiell ist dies auch in Deutschland möglich, da das Virus relativ hitzestabil ist und selbst beim Erhitzen auf 50°C nach 10 Minuten erst 50% der Viren zerstört werden, aber die Durchseuchung bei bayerischen oder baden-württembergischen Rindern ists eben viel zu gering, um daraus ein echtes Risiko abzuleiten.

Meldepflicht:

Ja, bei Hinweisen auf eine akute Infektion oder nach dem indirekten Nachweis des Virus ist gemäß Infektionsschutzgesetz eine Meldung der Infektion und des vermutlichen Infektionsortes Pflicht.

Diagnoseverfahren:

Die Antikörperbestimmung im Blut von Patienten erfolgt durch serologische Verfahren.

Therapie:

Nach Ausbruch der Erkrankung ist eine kurative (= heilende) Chemotherapie nicht mehr möglich. Nur Therapien zur Milderung bestimmter Symptome sind noch einsetzbar.

Vorbeugung:

  1. Einsatz von Repellentien (= Stoffe, die Zecken abhalten auf den Menschen aufzusteigen, für Zecken unangenehmer Geruch) z.B. Viticks Cool Plus (www.alphabiocare.de)
  2. Impfung – jeweils ein Standard- und ein Schnellverfahren möglich

(derzeit gibt es zwei Impfstoffe, die in Deutschland verwendet werden:

FSME-Immun (Erwachsene), FSME-Immun Junior (Fa. Baxter, Heidelberg: Tel. 0800 842 6822 und Impfstoff Encepur Kinder - Fa. Novartis, Marburg, Tel: 0180 525 1616).

 

(Quelle: Birgit & Heinz Mehlhorn - "Zecken auf dem Vormarsch")